„Die Mehrheitsgesellschaft sollte bereit sein zur Veränderung“

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„Die Mehrheitsgesellschaft sollte bereit sein zur Veränderung“

Für die Jugendhilfe Korntal sind Beziehungen zu jungen Ausländern, die ohne Eltern nach Deutschland geflüchtet sind, wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Integration

K o r n t a l / 02. Dezember 2015 – Integration von Flüchtlingen ist keine Einbahnstraße. Wenn sie gelingen soll, muss auch die Mehrheitsgesellschaft dazu bereit sein, sich zu verändern und auf die Flüchtlinge einzugehen. Davon ist die Leiterin der stationären Hilfen in der Jugendhilfe Korntal, Dorothea Winarske, überzeugt. Dem Magazin AKZENTE, das von der Diakonie der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal herausgegeben wird, sagte sie, eine aktive Integration verlange von der Gesellschaft den Abschied von bisher Gewohntem und die Offenheit, auf Fremde zuzugehen. Konkret beginne dies bei kleinen Dingen des Alltags, dem geduldigen Erklären von Regeln, dem Besuch einer ausländischen Familie und der Begleitung von Flüchtlingen zum Supermarkt oder zum Arzt. Besonders die Integration junger Flüchtlinge lebe von Beziehungen. „Sie kann gelingen, wenn junge Ausländer Anschluss an deutsche Jugendliche finden und sie nicht in ihren kulturellen Gruppen bleiben müssen“, so Winarske. Im September 2015 hat die Jugendhilfe Korntal eine Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Ausländer eröffnet. Hier leben sechs junge Menschen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Insgesamt leben in den Jugendhilfeeinrichtungen der Diakonie der Evangelischen Brüdergemeinde in Korntal und Wilhelmsdorf (Kreis Ravensburg) zurzeit rund 50 minderjährige Flüchtlinge. Über 20 davon sind in Unterkünften des Landkreises in Ludwigsburg untergebracht und werden dort durch Fachpersonal der Jugendhilfe Korntal ambulant betreut. Weiterer Wohnraum für neuankommende junge Flüchtlinge werde dringend gesucht, so der Leiter der Jugendhilfe Korntal, Joachim Friz.

Im AKZENTE-Interview beschreibt Dorothea Winarske die traumatische Odyssee der Jugendlichen, bis sie ein sicheres Zuhause in der Jugendhilfe finden. Sie seien vor Kriegen, Hunger, Naturkatastrophen, Willkür, körperlicher Gewalt und sogar vor Morddrohungen geflüchtet. Viele hätten nicht weniger als zehn Länder durchquert, bevor sie in Deutschland angekommen seien. Nach einem aufwändigen Registrierungs- und Zuweisungsverfahren nehme sich das Jugendamt ihrer an und suche einen Platz in einer Einrichtung. In der Wohngruppe gehe es zunächst darum, ihnen eine sichere Umgebung sowie verlässliche Tagesstrukturen zu bieten: feste Mahlzeiten, Spracherwerb in der Schule, Gruppenabende, Vereinsaktivitäten und das eigene Zimmer als persönlicher Schutzraum seien neben kontinuierlichen Beziehungen wichtige Elemente, die das Einleben erleichterten.

Die neue AKZENTE-Ausgabe beschäftigt sich mit dem Thema „Identität“. Es schreiben die Journalistin Birgit Kelle zum Thema „Gender-Mainstreaming“ und seine Auswirkungen auf Kinder, der Familienpädagoge Dr. Eberhard Mühlan gibt Tipps für Eltern, deren Kinder in der Pubertät stecken. Persönliche Einblicke in ihre Identität als Mann, Frau und als Ehepartner geben die Medizinerin und Buchautorin Dr. Ute Horn, der TV-Journalist Andreas Malessa sowie Gisela und Herbert Ruffer, die einen „Ehe-Führerschein“ entwickelt haben. Der ehemalige Vorstandvorsitzende von ERF-Medien, Jürgen Werth, beschreibt, wie er den Übergang von einem bewegten Berufsleben in den Ruhestand gestaltet. Die AKZENTE-Online-Ausgabe gibt es unter www.akzente-korntal.de.

Dorothea Winarske leitet die stationäre Hilfen der Jugendhilfe Korntal (Foto: Chris Riekert).

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